Nightsky full of Promise von Mounia Jayawanth
- Shehla-Ufaq Ahmad
- 19. Apr. 2022
- 5 Min. Lesezeit

"Irgendwas passiert hier gerade. Ich sehe es nicht, ich rieche es nicht, und doch spüre ich es wie ein Erdbeben, das meine gesamte Gefühlswelt erschüttert."
Nightsky Full Of Promises ist der erste Teil der Berlin Night Reihe und der erste Roman der Autorin bei LYX. Bevor ich zum Inhalt übergehe, möchte ich an dieser Stelle ein großes Lob an die Illustratorin einfügen. Denn das Cover ist himmlisch! Die schönen Blautönen, die ineinander übergreifen und an die Nacht erinnern, sowie die vergoldete Schrift und die Sterne passen nicht nur perfekt zusammen. Sondern fangen die Gefühle und die Handlung der Geschichte optimal ein. So wie das Cover ist auch die Geschichte zum Träumen schön!
Es geht um Sydney und Luke, die unterschiedlicher nicht hätten sein können. So einzigartig und authentisch wie die beiden sind, ist auch ihre erste Begegnung. Diese findet in der Nacht des Abiballs statt, als sie ziemlich jung sind. Sydney und Luke lernen sich kennen und sprechen eine Weile miteinander. Schnell bemerken sie, dass zwischen ihnen Funken sprühen und dieses Treffen kein normales ist. Denn es geht durch ihr Herz. Beide sind so aufrichtig und zeigen sich, ohne eine Maske oder jeglichem aufgesetzt zu haben. Die Autorin schafft es wirklich, überwältigende Emotionen einzufangen und sie über uns zu brechen. Jede einzelne Zeile, jeder Satz und jedes Wort berührt einen und lässt uns in Luke und Sydney verlieben. Dabei hat der Lesende das Gefühl, dass er selbst im Geschehen sitzt und Zeuge dieser magischen Nacht ist. Doch leider entpuppt sich diese zum Fluch und Segen zugleich. Als das Gespräch zum Ende neigt, nimmt Luke Sydney das Versprechen ab, sich nach einem Jahr an demselben Ort wieder zutreffen. Sydney taucht auf, Luke jedoch nicht. Warum? Weshalb? Wieso? Man weiß es nicht.
Die Geschichte wird aus beiden Sichten geschrieben, weshalb man einen besseren Einblick in die Handlung bekommt. Denn auf diese Weise bleibt uns Lukes Gedankenwelt nicht verwehrt. So erfahren wir im Prolog noch, dass Luke anscheinend nicht der ist, den er zu sein gibt. Den wir ihn zu sein geglaubt haben. Welche Details das sind, möchte ich an dieser Stelle nicht ansprechen, da sie spoilern. Doch eins bleibt sicher: die Illusion um Luke und das Mysterium um ihn herum bleibt bestehen und wird verstärkt, als wir im ersten Kapitel erfahren, dass Luke nie sein Versprechen eingehalten hat. Es tauchen so viele Fragen auf, warum er nicht kam, was passiert ist und ob die Gefühle doch ein Phantom seien. Dabei ist man sich sicher, dass die Aktion von Luke, nicht jedoch seine Gefühle täuschen könnten. Gleichzeitig erfährt man aber auch kleine Details aus Lukes Leben, die einem Hoffnung geben, dass man sich nicht in Luke getäuscht hat.
Während die Autorin uns wegen Luke im Dunkeln zappeln lässt, leuchtet Sydney umso mehr. Sie ist einfacher gestrickt, da sie direkt ist, keinen Blatt vor den Mund nimmt und impulsiv ist. Hinzu kommt ihre Liebe zum Backen, die mir mehr als einmal das Wasser in den Mund laufen ließ. Sie war mir seit der ersten Zeile an sympathisch, auch wenn sie ganz anders als ich ist. Aber ist gerade nicht das das schönste? Dass Autorinnen neue Charaktere erschaffen, die so unterschiedlich, aber authentisch sind? Jeder ihrer Entscheidungen und Handlungen konnte ich anhand ihrer Gedanken nachvollziehen. Zwar hatte ich manchmal das Gefühl, in die Geschichte einzuschreiten und sie zu schütteln, es hat aber auch sehr viel Spaß gemacht, sie zu lesen.
Dass sie zu Beginn nicht gut auf Luke anzusprechen ist, ist verständlich. Denn: Fünf Jahre lang wartet Sydney auf Luke, ohne dass er kommt oder sich meldet. Und als sie sich endlich eingesteht, dass es nutzlos sei, noch mehr auf ihn zu warten und sie einen finalen Schlussstrich setzen möchte, trifft sie ihn ausgerechnet dann völlig unerwartet. Als ob das Schicksal nicht genug Spielchen spielt, erinnert sich Luke auch nicht mehr an Sydney oder an ihre erste Begegnung. War alles dann doch Show gewesen? Diese Erkenntnis hinterlässt einen bitteren Beigeschmack und versetzt einen starken Stich im Herz. Anscheinend hatte diese magische Nacht nur einseitig bestanden.
Gleichzeitig wird das Fragezeichen immer größer: Warum hat Luke Sydney vergessen? Warum kam er nie am vereinbarten Tag? Was ist passiert? Warum erinnert er sich nicht an sie? Diese Fragen ziehen sich durch das ganze Buch. Sydney ist so enttäuscht und verletzt, dass sie ihn nicht darauf anspricht und erst einmal verbittert reagiert. Auch als er regelmäßig in ihrem Leben auftaucht, benimmt sie sich verbissen gegenüber Luke. Auch wenn ich persönlich nie so reagieren würde, passt es zu Sydney, da sie ein impulsiver Mensch ist, der gerne nach den Gefühlen handelt. Nachdem ihre beiden Freundinnen - Vicky und Maya - darauf hinweisen, realisiert Sydney, dass sie keine professionelle Haltung an den Tag gelegt hat. So schließt sie mit ihm Frieden, der auf wackeligem Grat jongliert. Luke dagegen ist sehr ahnungslos und möchte wissen, warum Sydney ihn dermaßen behandelt. Er kann sich nicht erinnern, sich falsch verhalten zu haben, dass sie sauer auf ihn ist und so reagiert. Aus diesem Grund sucht er das Gespräch auf und die Nähe zu ihr. Dabei ist er sehr vorsichtig, da er nie weiß, wie Sydney reagieren wird. Luke ist sehr einfühlsam und aufmerksam. Obwohl er nichts mit Star Wars am Hut hat, schaut er Sydney zu Liebe die Filme, damit sie eine Gemeinsamkeit und ein Gesprächsthema haben. Immer wieder unternimmt Luke solche Kleinigkeiten, nur um Sydneys Wohlgefallen zu erregen. Diese Eigenschaft von ihm lässt unsere Meinung über ihn revidieren und ein dickes, rotes Fragezeichen malen. Wer ist er nun? Der Macho aus dem Prolog, oder doch der magische Junge von der Nacht oder der jetzige Luke, den wir zu lesen bekommen?
Während die erste Hälfte die Beziehung und die Entwicklung der beiden in den Vordergrund stellt, geht es in der zweiten Hälfte um die Auflösung. An sich passiert nicht viel, da tatsächlich die Beziehung der beiden im Rampenlicht gestellt ist. Dabei muss ich ehrlich sagen, dass das Buch auch keine großen Geheimnisse und Lüftung dieser benötigt. Allein die Fragen, ob Sydney Luke je die Wahrheit sagen wird und ob des Rätsels Lösung, was in jener Nacht passiert ist, aufkommen, halten die Spannung aufrecht. Das Hin und Her, Vor- und Zurücktreten, einen Schritt näherkommen und dann wieder welche nach hinten fallen – es gleicht einem Tanz, den wir erst zu tanzen lernen müssen. Die Seiten fliegen nur so vor sich hin, was nicht zuletzt an den einfühlsamen, humorvollen und bildlichem Schreibstil liegt. Geschickt wirft die Autorin uns häppchenweise Hinweise hin, die der Leser gierig ergreift und nach mehr trachtet. Natürlich kommen Vermutungen auf, die dann letztendlich bestätigt werden. Aber was erwartet man auch anderes, wenn die Autorin genau darauf abzielt? Schwarz auf Weiß die eigenen Vermutungen bestätigt zu bekommen, erlaubt dem Leser endlich mal aufzuatmen. Wobei eine Tatsache einen doch geschockt zurücklässt. Welche das ist, müsst ihr selbst lesen. Gegen dem Ende geht es Schlag auf Schlag zu. Neben Sydney und Luke werden weitere Aspekte beleuchtet, das Geheimnis gelüftet und eine Wendung eingebaut, die bis zum Schluss keine Versöhnung zwischen den beiden hervorbringt. Ich fand diesen Aspekt so toll, dass die Autorin aufzeigt, dass man zuerst mit sich selbst glücklich und zufrieden sein muss, bevor man es mit jemand anderes sein kann. Dadurch bricht die Autorin das Klischee, dass Liebe heilt. Ja, Liebe macht vieles erträglicher, aber heilen kann man erst dann, wenn man es zulässt. Dies hat bei mir viele Pluspunkte eingebracht. Generell bringt die Autorin Themen ein, die auch unangenehm für den ein oder anderen sein können. Zwar ist wirklich die Beziehung der beiden der Hauptpunkt, doch greift die Autorin in Nebenhandlungen andere wichtige Punkte auf: die Frage nach der Zukunft, Ziele, Träume, Feminismus, Familie, Erwartungsdruck und viele mehr. Diese sind liebevoll in die Geschichte eingebettet, ohne dass sie zu viel oder zu wenig wirkten. Ebenso sind die Nebencharaktere fein ausgearbeitet und greifbar dargestellt. Da hat man direkt Lust, in ihre Geschichten zu lesen.
Das Buch endet in einem Epilog, der kurz und knackig ist, und die Geschichte abrundet. Da, wo das Leben seinen Lauf genommen hat, endet der Kreis der Ewigkeit.
Alles in allem lässt sich sagen, dass der Schreibstil authentisch die Handlung rüberbringt. Nicht nur Luke und Sydney sind greifbare Protagonisten, sondern auch Ani, Maya, Vicky, Lennart und Vince.
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